| DER KÄPTN & SCHORSCH |
| Wie sie funktionieren... |
Das ist nämlich so:
Ihr Gehirn ist das absolut komplizierteste Gebilde, das die Evolution seit dem Urknall je hervorgebracht hat. Stellen Sie sich das 'mal vor! Sie laufen 24 h pro Tag mit so einem genialen Ding im Kopf herum und merken's meistens nicht mal. Von Begeisterung für dieses Geschenk ganz zu schweigen.
Das unglaubliche Gebilde sieht in etwa so aus:
Wie ein Pyramide - die kleine Spitze oben, das nennt man das Bewusstsein, eine Luftblase oben drauf, der grosse Rest spielt sich im Un-, Unter- und Ausserbewussten ab. Dunkle, hochkomplexe, undurchschaubare Wesen sind wir...
Im Hirn arbeiten so eine Art Programme. Ganz tief unten z.B. solche, die uns völlig unbewusst sind, die uns etwa das Herz schlagen lassen: Bong - bong - bong. Bei Ihnen, bei mir, bei allen 6 Mrd. Menschen auf der Welt, jede Sekunde 6 Mrd. Herzschlägli in 6 Mrd. Menschlein. Gerade eben schon wieder eins. Nicht mitgezählt Kaninchen, Nilpferde, Fledermäuse etc...
Oder Programme, die uns so was seltsames wie einen Big Mac essen und verdauen lassen, ihn umbauen und zu unserem Fleisch und Blut, zu Haut und Haaren und Gefühlen und Gedanken werden lassen. Wenn Sie sich vorstellen, dass Ihre Dauerwelle früher mal ein Hamburger gewesen ist - wirklich befremdlich. Oder das Atmen! Ein uraltes Programm, denn auch Fische atmen, Bienen, Heugümper (zu deutsch: Heuschrecken), Latüechjini (Walliserdeutsch = Eidechsen), einfach fast alles, was da kreucht und fleucht. Und es geht immer gleich: Ein - aus - ein - aus - ein - aus. Das sind uralte, unfehlbare, unbewusste Programme, ausgetestet in x-Millionen Jahren Evolution des Lebens, die uns mit fast allen Lebewesen gemeinsam sind.
Das ist noch alles pure Biologie. Alles unbeeinflussbar. Es läuft einfach ab. Wenn Sie's nicht glauben: Versuchen Sie mal eben, Ihr Herz stehen zu lassen. Ups? Geht nicht. Zum Glück. Es läuft einfach.
Weiter oben in der Pyramide gibt's andere Programme, die wir zwar erlernt haben, die aber automatisch, auf Knopfdruck funktionieren. Z.B. gehen und sprechen. Wir können absichtlich umhergehen, aber dass das funktioniert, das ist uns in Fleisch und Blut übergegangen. Kein Mensch, der laufen kann, denkt noch lange über seine Oberschenkelmuskeln nach. Bestens eintrainiert.
Und noch irgendwie höher und gewissermassen "kulturell erfunden" gibt's Programme, die steuern, dass ich wie ein Schweizer bin, oder Sie wie eine Frau oder ein Mann, oder dass wir uns wie ein Manager verhalten, wie ein Looser oder ein Winner.
Ganz ganz oben gibt's ein Programm im Bewusstsein, das uns ständig sagt, was wir tun sollen. Da redet doch immer jemand auf uns ein - bei Ihnen nicht? Würde mich wundern: Tue dieses, lass' jenes, Du musst noch dies, Du musst noch das, eigentlich hättest Du schon längst, Du solltest Firmenchef werden, Popstar, Millionär etc. etc.
(Was jetzt kommt, habe ich aus Hanspeter Zimmermanns Buch "Grosserfolg im Kleinbetrieb" - echt empfehlenswert. Er hat's auch von woanders, aber das macht nix.)
Das ist das Gerede vom "Käptn". Er steuert Ihren Kahn irgendwohin. Er schaut voraus, ermahnt, gibt Direktiven aus, befiehlt, lobt und tadelt.
Und dann gibt's unten im Maschinenraum noch so einen, den können wir Schorsch nennen. Ein gemütlicher, untersetzter Kerl von kindlichem Gemüt mit Pranken wie Kohlenschaufeln. Und er schaufelt tatsächlich Kohlen, ölt die Maschinen und führt die Befehle vom Käptn aus. Er liefert die Energie für den Kahn und hält den Motor instand. Er trinkt gern 'mal 'en Bier oder auch drei und isst 'ne fette Leberwurst dazu.
Wenn oben der Käptn befiehlt: "Volle Kraft voraus", fängt Schorsch unten wie blöd an zu schaufeln. Schreit der Käptn "Nach Steuerbord", legt Schorsch schön brav den schweren Hebel rum nach steuerbord. Meistens. Er sollte jedenfalls. Normalerweise.
Aber manchmal hat der Schorsch keinen Bock, wie man heute so schön sagt. Z.B: wenn die Leberwurst alle ist. Oder vor allem, wenn der Käptn wieder mal schlechte Laune hat und rumschreit: "Du verdammter Idiot, volle Kraft voraus. Warum tust Du denn nichts?" Und Schorsch denkt: "Brüll' doch nicht so rum; keine Lust mehr auf Dein Geschrei; hab' schon acht Stunden geschaufelt, will jetz meine Leberwurst!" Oder statt: "Nach Steuerbord", legt Schorsch den Schieber mal kurz nach Backbord und sagt zu sich: "Ich bin ja ein Idiot, Alter, gell, hab' Dich halt nicht verstanden, siehste!", lässt die Schaufel fallen und schlurft zum Kühlschrank.
Und die Moral:
- Ohne den gutgelaunten Käptn läuft der Kahn in die Irre. Ohne Käptn läuft nichts richtig.
- Und ohne Schorsch? Wenn Schorsch nicht will, läuft überhaupt nichts mehr. Das Feuer geht aus, der Kahn bleibt stehn oder er fährt einfach irgendwo anders hin als geplant.
- Kümmern Sie sich also um beide: Wenn einer nicht mitspielt, steht Ihr Kahn still !
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