BERUFLICHER WERDEGANG



Hier geht es um den allerwichtigsten Teil Ihres Lebenslaufes, das interessiert Personal-Menschen am meisten: Was haben Sie schon alles gemacht, was kann dem Unternehmen dienen etc. Unser Vorschlag:
Links genaue Dauer der Anstellung (z.B. 09/92 - 03/96), rechts Firma, Ort, genaue Stellenbezeichnung (z.B. Fremdsprachensekretärin, Sanitärinstallateur usw.) und ein Beschrieb Ihrer genauen Tätigkeiten an jeder Stelle. Hier ein paar gute und schlechte Beispiele:


Beispiel 1


Sally Secret schreibt unter dem Abschnitt "Beruflicher Werdegang":

04/63 – 04/67 Gérard SA, Fribourg Lehre als kaufm. Angestellte
05/67 – 03/74 Pierrette GmbH, Biel, Alleinsekretärin
04/74 – 12/84 Kohlberger & Söhne, Bern kaufm. Leiterin
01/85 – heute Kohlberger & Söhne, Bern Geschäftsführerin

Das ist alles. Die ungeschminkten Hardfacts. Das nackte Minimum. Das ist zwar wichtig, aber hier fängt's nun wirklich an mit dem Be-Werben.

Bei Sally fehlen seit sage und schreibe 1974 auch noch jegliche Zeugnisse, weil in ungekündigtem Arbeitsverhältnis. Und jetzt fängt's an mit dem stillen Dialog: Kennen Sie die Kohlberger & Söhne? Nein? Ich auch nicht. Was hat denn die liebe Sally da getan? Was ist das für eine Firma, was haben die da gemacht, wieviele Leute, wieviel Umsatz, was für eine Verantwortung hatte die Geschäftsführerin? Sally sagt mir nichts und lässt mich im Regen stehen. Intuitiv reagiere ich mit Ablehnung. Da sagt mir jemand nichts über seine letzten 20 Lebensjahre. Das wird wohl nichts Grossartiges gewesen sein, oder?

Welche verpasste Chance! Was könnte man aus so einem Lebenslauf nicht alles machen. Sally Secretan schreibt bei der nächsten Bewerbung:

04/63 – 04/67 Gérard SA, Fribourg, Lehre als kaufm. Angestellte
05/67 – 03/74 Pierrette GmbH, Biel, Alleinsekretärin

Unternehmen mit 50 Angestellten. Ich war als Assistentin des Geschäftsleiters zuständig für sämtliche Belange der Administration: Korrespondenz in D und oft in F, Vorbereitung der Lohnzahlungen, Debitorenbuchhaltung, Mahnwesen, Organisation von Messen und Ausstellungen auf dem lokalen Markt, Organisation des alljährlichen Betriebsausfluges, Unterstützung des Geschäftsführers in allen Bereichen.
04/74 – 12/84 Kohlberger & Söhne, Bern, kaufm. Leiterin

Unternehmen mit 80 Mitarbeitern, tätig im Grosshandel mit Früchten und Gemüsen. Verantwortlich für die gesamte Verwaltung: Administration, Finanz- und Rechnungswesen, Personalverwaltung, Führung von 2 Sekretärinnen, 3 KV-Lehrlingen. Einsatz des EDV-Systems IBM S/36.
01/85 – heute Kohlberger & Söhne, Bern, Geschäftsführerin

Leiterin des Gesamtunternehmens mit den Abteilungen: Einkauf, Verkauf, Logistik und Administration. Meilensteine der Arbeit: Ausweitung des Umsatzes um 30 % bei gleichbleibendem Personalbestand und 10 % erhöhten Nebenkosten; Einführung der neuen dezentralen EDV (Compaq PC-Ring), Straffung von Sortiment und Lieferanten => Überproportionaler Ertragszuwachs. Seit 1990: Trotz Rezession und massivem Preiszerfall Umsatz gehalten.

Das macht doch schon viel mehr her. Das ist doch genau das, was der neue Arbeitgeber wissen will. Also sagen Sie es ihm. Und wenn Sie jetzt meinen, Sie hätten doch gar nichts zu bieten, dann lesen Sie die Beispiele durch und machen Sie dann folgende Übung:


Setzen Sie sich hin und schreiben Sie auf, was Sie an Ihrer letzten Arbeitsstelle denn so alles getan haben. Sagen Sie ja nicht, das sei doch völlig klar. Vielleicht Ihnen schon, mir jedenfalls nicht.

Denken Sie dabei vor allem auch an das, was Ihnen so richtig Spass gemacht hat, denn dann wird beim Schreiben die Lebensfreude mit Ihnen durchgehen, und genau darauf kommt's an. Wenn Ihnen das Schreiben Mühe macht, dann erzählen Sie es Ihrem Lebenspartner oder Ihrem Freund oder Ihrem Vater oder Ihrem Hund - und lassen Sie das Tonband laufen. Sie werden erstaunt sein, was es da alles zu berichten gibt. Übrigens eine gute Übung für's Vorstellungsgespräch.

Das geht sogar bei Sachen, die nicht so wahnsinnig aufregend scheinen:


Beruflicher Werdegang: Beispiel 2 & 3


Mani Monti schreibt:

05/76 – 03/97 Installations AG, Zürich, Sanitärinstallateur

Realisierung der sanitären Installationen in verschiedenen Neu- und Umbauten, z.T. auch auf Gross-Baustellen.

Schönste Projekte: Sanitärinstallationen im neuen Zürcher S-Bahnhof, Einrichtung von Lichtschranken-Anlagen mit modernster Technik, Installation der De-Luxe-Einrichtungen für die neue Villa eines Ölscheichs am Zürichberg. Kenntnisse der modernen technischen Anlagen von Spiral und Nehmerit und der einschlägigen Produktepalette.

Na, da spricht doch jemand, dem sein Beruf offensichtlich Freude bereitet.
Oder:

05/67 – 03/74 MMM, Migros, Zürich, Verkäuferin & Rayonleiterin

3 Jahre als Verkäuferin in der Kindermoden-Abteilung: Beratung von Kunden, Verkauf von Bébé-Kleidchen bis Kinderkleidern (9-jährig) und Accessoires, bei Abwesenheiten (ca. 3 Monate pro Jahr) Einsatz auch im Bereich Damenmode; anfangs 1970 Übertragung der Verantwortung für das Rayon Kindermode mit ca. 9 Mio. Umsatz im Jahr.


Leider gibt es da immer wieder Leute, die meinen, das sei doch alles nicht erwähnenswert, das könne oder dürfe man doch nicht so sagen. Ja aber um Gottes willen, was will der Personal-Mensch denn sonst von Ihnen wissen, wenn Sie ihm eine Bewerbung schicken. Genau das will er wissen. Also sagen Sie es ihm und haben Sie dabei keine falschen Hemmungen. Er wird's Ihnen mit einer Einladung danken.


Beruflicher Werdegang: Beispiel 4 & 5



Eine unserer Kursteilnehmerinnen war Serviertochter seit 20 Jahren. "Was soll ich da schreiben, das wissen doch alle, was das ist!" sagte Sie uns. Wissen wir das wirklich? Hat da jemand in einer schmuddligen Fast-Food-Bude fettige Pommes-Frites in Papiertüten verkauft oder in einem Nobelhotel Gala-Diners serviert? Das ist doch ein Unterschied. Da muss man doch mehr drüber sagen!

Aus dem mageren

06/68 – 03/93 diverse Restaurants, Serviertochter

hat sie dann Folgendes gemacht. Wir haben's nachher noch ein bisschen abgeschwächt, aber das ist die Originalfassung, und die ist verdammt viel besser als der erste Wurf, das werden Sie zugeben:

06/68 – 03/72 Hotel Eden, Gstaad, Serviertochter

Servicetätigkeit in ****-Hotel; davon 2 Jahre vor allem hinter der Theke: Ausschank, Vorbereitung Getränke und kleine Mahlzeiten (Kalte Teller, Suppen, Sandwiches etc.), Kasse; 2 Jahre zunehmend im Restaurant: Bedienung von Kunden, Ausbildung in der Erstklassbedienung; anfangs meist Tellerservice, schliesslich Service von anspruchsvollen Gerichten.
04/72 – 04/74 Berghotel Belalp, Zermatt, Serviertochter

Zwei Sommer- und zwei Wintersaisons; Bedienung v.a. von Touristen (Ski und Wandern) mit extremen Stosszeiten: Hektische, aber hochinteressante Servicetätigkeit in Sonne und Schnee mit weniger anspruchsvoller Küche, aber anspruchsvoller Touristenkundschaft.
06/74 – 10/86 Mutter von 3 Kindern und Familienverpflegerin

Erziehung von 3 Kindern, dabei auch einige sehr anspruchsvolle Aufgaben im Service. Unterhalt eines *****-Sterne-Restaurants mit 5 Plätzen und sehr, sehr diffiziler Kundschaft.
11/86 – 10/88 Gasthof Rösli, Langinauen, Serviertochter 50 %

Beruflicher Wiedereinstieg in einem ausgesprochenen Familienbetrieb mit kleiner Küche, Bedienung, Pension. Zuständig jeden Nachmittag für rundum alles: Bedienung der Gasthofs-Kundschaft (8 Tische), Herrichten und Ausgeben von kalter Küche, Rezeption in der Pension: Empfang der Gäste und Zimmerzuweisung, Zimmerdienst etc.
11/88 – 03/93 Gasthof Bären, Oberlauisteg, Serviertochter 80 %

Vielseitige Tätigkeit im Service in einem Gasthof mit gutbürgerlicher Küche und grossem Saal mit häufigen Grossanlässen (Hochzeiten, Tagungen, Vereinsleben); Bedienung im Restaurant und in der Kneipe, wenn Not an der Frau war, auch Aushilfe in der Bar; sehr anstrengende, aber hochinteressante Einsätze bei Grossanlässen, wo's wirklich auf Einsatz ankommt.

Das liest sich doch richtig süffig. Vielleicht ein bisschen zu dick aufgetragen, aber höchstens ein bisschen. Schreiben Sie keine Romane, aber schreiben Sie das, was den Wirt, sprich den Personal-Menschen interessiert: Knapp, präzise, informativ und vor allem lebendig, positiv und voll Lebensfreude.


Übertreiben Sie nicht, denn das wäre gelogen.

Aber untertreiben Sie auf gar keinen Fall, denn

Untertreiben ist erst recht gelogen!

Vergessen Sie das nicht! Nie mehr!

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