DEIN INNERER WERBEFILM

... giess Gold und Silber über dich!




Dein ganzes Leben besteht eigentlich aus all dem, was dir zwischen morgens 0 Uhr und abends 24 Uhr durch den Kopf, das Herz und den Bauch geht: Was du bewusst denkst, fühlst, sagst, erlebst. Das ist ein Erlebnisstrom, der einen Anfang und ein Ende hat und auch inhaltlich begrenzt ist. Das Leben ist endlich. Das Leben ist einfach nicht mehr, aber vor allem nicht weniger, als dieser Strom von Erlebnissen, Gedanken und Gefühlen.

“Aber es gibt ja auch noch die objektive Welt und das Unterbewusstsein!” wirst du einwenden. Stimmt, aber das kann uns hier wurscht sein. Denn was sich dort alles abspielt, das hat zwar Einfluss auf uns, aber davon haben wir weder eine blasse Ahnung noch irgendein Bewusstsein, also isses in diesem Zusammenhang egal. Die Welt, die du kennst, ist entscheidend, und das ist vor allem deine bewusste Welt, dein Erlebnisstrom. Du kennst nur diesen, du bist dieser. Die Welt, wie du sie kennst, wird mit dir geboren und stirbt mit dir. Sie existiert nicht seit dem Urknall vor 13,7 Mrd. Jahren, eine menschliche Welt wird meistens kaum mehr als 80 Jahre alt.

Das ist ein wichtiger Gedanke, denn er bedeutet, dass unsere menschliche Welt, unser bewusstes Leben, nicht einfach von aussen objektiv gegeben ist, sondern dass wir sie zu einem Grossteil selber erschaffen. Und dass wir sie deshalb auch verändern können!

Ganz simpel: Wenn ich dir jetzt was Nettes sage, zum Beispiel “Du bist ein lieber Mensch! Und sehr klug auch noch, weil du dieses Buch hier liest!”, dann reagierst du und dein Schorsch spontan mit schönen Gefühlen und Gedanken, die dir wohl tun. Nur weil ich die Wörter lieb und klug gebraucht habe. Deine Welt hat sich verschönert und verbessert. Sag' ich dir: “Mal ganz ehrlich, du bist doch im Grunde eine richtige Niete! Was haste schon erreicht? Eine Null bist du, ein echter Versager! Jetzt haste's schon nötig, so ein schräges BeWerbungsbuch zu lesen. Als würd' dir das je was nützen! Ist doch eh bloss Perlen vor die Säue geworfen”, dann passiert das Umgekehrte.

So einfach ist das: Nur schon dadurch, dass ich dir schöne Wörter und nette Dinge sage, verbessert sich dein Leben, deine Welt, weil deine Gefühle und Gedanken in Kopf und Herz eine andere Qualität bekommen. Und damit habe ich deine und meine Welt verbessert – nur ein kleines bisschen, aber ein wesentliches bisschen. Eines, auf das es wirklich ankommt! Um es noch deutlicher zu machen, folgende Story:

Die Horror-Benny-Picture-Show

Dring dring DRIIING – der Wecker klingelt. “So ein Mist – schon wieder Morgen, oh Gott, warum muss ich nur aufstehen”, blitzt es durch Bennys Kopf. Er dreht sich um und gönnt sich bereits mit erhöhtem Puls noch ein paar Minuten, allerdings schon etwas verkrampft und mit gespitzten Ohren beim provokativen Ticken des bösen Weckers.

DRIIIING, DRIIIIING, saumässig DRIIIIIIING. Benny schlägt dem Wecker wütend die verdiente Faust aufs Geläut, knirsch, splitter, scherbel, hält sich die Hand vor Schmerz, flucht, schlurft ins Bad und schaut in den Spiegel: “Oh du Schreck, wie siehst du nur aus? Übel! So kriegst du nieeee eine! Ich kenn' dich zwar nicht, aber ich wasch' dich trotzdem.” Und dann beim Kaffeetrinken – der Kaffee ist wie immer “zu kalt, zu warm, zu stark oder zu schwach” – schweift Bennys Auge verkniffen durch die Zeitung: Lauter üble Nachrichten. “Oh je, was ist das bloss für eine Welt? Ist das nicht schrecklich, schrääääcklich?” Benny krampft es das Herz zusammen.

“Oh Gott, schon viertel nach – kann man denn nie in Ruhe Kaffee trinken?” Und beim Losrennen: “Was hab' ich wohl wieder alles vergessen? Die Chefin wird fluchen. Und überhaupt, was hat die heute wohl wieder für Gemeinheiten auf Lager? Und mein Projekt, ojemine. Das wird nie was. Hab' wieder alles zu spät angefangen. Alles schlampig und schlecht, ich Depp. Den Termin kann ich ja eh nicht mehr halten. Ich bin schon ein elender Versager! Und was lässt sich dieser bekloppte Meier nur wieder einfallen, um mich blosszustellen? "

Und dann Benny im Trämli (helv. für kleine Strassenbahn) – ein Bild für Göttinnen und Götter. Der ganze Trämli-Inhalt ein Trauermarsch der Superlative: “Dass mich bloss keiner anquatscht”, denkt Benny, “wie die alle miesepeterig aussehen, alles Idioten.”

So spricht es ohn' Unterlass in des Bennys Hirn, und um halb Neun schleicht er fix und fertig ins Büro: Eine vor Lebensekel triefende Gestalt, die den andern alle Energie und die Lebensfreude raubt, vor allem aber sich selbst.

Der grosse Sturm im Wasserkopf

Benny fühlt sich mies. Er hat recht, die Welt, seine Welt ist schlecht. Sein Käptn hat ihn in Stimmung geschwätzt. Sein Schorsch ist schon frühmorgens völlig fertig und traut sich kaum mehr, die Schaufel anzurühren. Der gleiche Benny wundert sich, dass seine TeamkollegInnen ihm nicht sonderlich freundlich begegnen, dass niemand ihn anlächelt, dass seine Chefin mit seinen Leistungen nicht zufrieden ist, dass er nur Leute trifft, die über die Welt genau so schimpfen wie er und dass ihm im Leben so wenig gelingt.

Bennys Morgendrama findet in seinem Kopf statt. Die Welt, wie er sie erlebt, hat Benny selber gemacht, denn er könnte auch ganz anders. Wenn wir Benny das sagen, wird er uns beschimpfen als Schönredner, Warmduscher und Irrlichter, aber er hat nicht recht, denn er könnte wirklich ganz anders. Stell' dir vor, wie Bennys Schorsch auf seinen Käptn reagiert: Sein Schorsch sitzt halb gelähmt auf seinem Kohlenhaufen und heult. Wenn er noch Bier hat, wird er sich zwanzig davon reinhauen und pennen. Recht hat er! Bennys Aufstehritual ist verheerend. Aber es ist gemacht, von Benny gemacht. Er merkt's nicht mal, fühlt sich als Opfer, aber seine Welt, sein allmorgendliches Leben hat er alleine zu verantworten. Mit der Welt draussen hat die Benny-Horror-Picture-Show nichts zu tun. Gar nichts!

Um ein anderes Bild zu brauchen: Dein Käptn ist wie eine Regisseurin und dein Schorsch wie eine etwas diffizile Schauspielerin namens Georgette, und beide sind dazu verdonnert, deinen Lebensfilm zu drehen. Stell' dir vor, wie gut Georgette ist, wenn sie von der Regisseurin ständig bloss angefaucht und fertiggemacht wird. Was meinste, wie oft sie Migräneanfälle kriegt oder beleidigt in der Garderobe veschwindet oder einfach bloss schlecht spielt. Grad extra! (Helv. für mit voller Absicht).

Die Lebensfilm-Regisseurin kann eine Tragödie, einen Krimi oder eine Romanze inszenieren, eine Inszenierung ist es auf jeden Fall. Benny hat einen sehr eigenartigen Horrorfilm im Kopf, den er allmorgendlich zur grossen Freude aller Beteiligten abspielt. Titel: “Ich bin eine Null – die andern noch Nuller – die Welt ist mein Jammertal!” Er stellt sich ständig die übelsten Dinge vor, Visionen von Tod und Teufel, Hinz und Kunz, Beelze und Bub.

Und was kann die Welt dafür? Nichts, überhaupt nichts! Bennys dramatischer Film spielt sich nur in seinem Kopf ab, nirgendwo sonst. Nichts von seinem Film hat irgendeine Entsprechung in der Welt, nichts ist wahr. Solche Vorstellungen und die damit erzeugten Stimmungen sind nicht wahr oder falsch, sie machen uns vielmehr Freude oder sie tun weh, sie geben uns Kraft oder machen uns schlapp, sie machen uns misstrauisch oder zuversichtlich, sie sind die Basis für Lebenserfolg oder Fehlschlag.

Die Programme in deinem Schädel

Wir produzieren fast reflexartig in bestimmten Situationen bestimmte Vorstellungen, Bilder und Gefühle, spulen ganze Filme, Visionen, Dramen ab. Wir haben Programme im Hirn für die Auswahl und Bewertung von Situationen und Wahrnehmungen, für Selbsteinschätzung und Selbstachtung, für die Bewertung unserer Mitmenschen, unserer Erlebnisse und der Welt im Ganzen. Viele von diesen Programmen sind pure Natur. Wenn z.B. ein hungriger Bär auf uns zustürzt und uns fressen will, was in Europa ja oft geschieht, dann ist die Vorstellung vom schrecklich-blutigen Ende nicht unangebracht und der Angst- und Fluchtreflex doch recht vernünftig und deshalb tief in unserer Natur verankert, das ist gut so. Klingelt morgens jedoch der Wecker, dann ist deine Reaktion darauf doch sehr eigenwillig, persönlich und hausgemacht, kann also ganz gut auch ganz anders sein und umprogrammiert werden. Es kommt auf deinen Regisseur an, was er da für einen Film im Kasten haben will und auf sonst nichts!

Also frag' dich mal: Wie ist dein morgendliches Auf-den-Wecker-reagier-Ritual? Spielst du auch dieses Ich-seh-schrecklich-aus-Programm vor dem Spiegel? Oder befolgst du die Morgens-liest-man-die-Zeitung-Norm aller Achsoinformierten und wiederholst täglich die Ach-wie-schrecklich-ist-die-Welt-Predigt? Mit wievielen Was-sind-die-Chefin-und-der-Müller-doch-für-Fieslinge-Fantasien be-schäftigst du dich ständig? Und guckst du im Job auch so oberernst und stöhnst ständig wegen dem allgegenwärtigen Arbeit-ist-ernst-und-darf-keinen-Spass-machen-sonst-ist-es-keine-Programm? Wie oft erhalten deine Fragen die spontane Das-hat-ja-eh-keinen-Sinn-Antwort oder das ultimative Das-kann-ich-nicht-Todesurteil? Denk' mal drüber nach!

Die übelsten und destruktivsten Selbstkasteiungen sind die Ich-darf-mich-pausenlos-beschimpfen-Angewohnheit und die Der-Billy-und-die-Cindy-sind-besser-als-ich-Vergleicherei. Das sind mit Abstand die miesesten Tricks, um dich pausenlos fertig zu machen. Viele Menschen sprechen mit sich selbst wie mit dem hinterletzten Ganoven. Sie erlauben sich selbst gegenüber Gemeinheiten, die sie anderen nimmer zumuten würden. Und wozu?
Auf diese schlechten Angewohnheiten hab' ichs hier abgesehen. Es sind Sprach-, Denk- und Visualisierungs-Programme, die da ab-laufen. Sie sind vermittelt und eintrainiert durch Erziehung, Sozialisierung und Kultur. Programme sind programmiert, das heisst gemacht, und sie können auch wieder geändert werden. Nicht so leicht, aber es geht. Menschen sind ausserordentlich lernfähig und können sich verändern. Auch du! Wer das nicht glaubt, braucht nie mehr ein Buch zu lesen, vor allem nicht dieses.

Mein innerer Werbefilm

Fang' damit an, einen liebevollen, wunderschönen, kraftstrotzenden Werbefilm über dich zu drehen. Keine Benny-Horror-Picture-Show, sondern eine Love-me-Tender-Inszenierung. Achte auf deine selbstzerstörerischen Ungewohnheiten (kein Tippfehler)! Verbiete dir jegliche Art von Selbstbeschimpfung und Selbstverunsicherung. Geh mit dir um, als wärst du dein grösster Schatz, denn genau das bist du, ein Schmuckstück von unbeschreiblichem Wert. Sei voller Verständnis, Vertrauen, Akzeptanz für dich, dein Leben, deine Vergangenheit und deine Zukunft, deine einzigartige Welt. Du!

“So einfach geht das nicht”, wird dein Käptn motzen. Aber: Konzentrier‘ dich einfach mal darauf, wie du denkst, was du dir vorstellst, was in deinem Lebensfilm läuft, und sag' dann und wann mal entschieden: “STOP! So nicht! Das will ich nicht. Ich will es ganz anders”:

  • Gewöhne dir an – mehr will ich gar nicht von dir – jeden Tag wenigstens zehn Minuten lang einen guten inneren Film in dir abzuspulen. So wie du jeden Tag duschst, denkst du jeden Tag zehn Minuten lang ausschliesslich darüber nach, wie schön und gut und liebenswert du, die andern, das Leben ist. Dreh' einen inneren Werbefilm über dich, du als HauptdarstellerIn, schön, erfolgreich, lachend, braungebrannt, gesund, kraftstrotzend, voller Zuversicht. Nicht nebenbei, sondern zehn Minuten aktives, positives Visualisieren. Dein Leben wird sich verändern!
  • Lies dann und wann ein Erfolgs-, Glücks- und Motivations- oder einfach mal ein schönes und kein horribles Buch! Lass' die Krimis, Depro-Analysen, Horror-Storys einfach mal weg. Menschen vertragen das nicht über kurz oder lang. Das beweisen Suizid- und Depressionsraten oder auch in der Schule rumballernde Kinder. Ich habe mal in einem Jahr 50 Erfolgsbücher gelesen. Es war eines meiner Besten überhaupt. Bin fast zerplatzt vor Power, Plänen und Zuversicht.
  • Hör' sofort auf, dich ständig zu vergleichen, sondern lebe dein Leben! Du wirst immer und in jeder Hinsicht einen finden, dem's besser geht. Immer! Du findest immer und in jeder Hinsicht auch einen, dem's schlechter geht. Und dann? Bringt das was? Das erste erzeugt schmerzenden Neid, das andere blöde Überheblichkeit. Was soll's also! Schade um die verplemperte Zeit, gratuliere zu den miesen Gefühlen, die du erzeugst. Nützen tut's goa nix! Du bleibst du selbst! Gewöhn' dir das vergleichen also ab. Sofort! Denn es ist gar nicht schön, sondern ätzend und dumm, denn du kannst eh nie jemand anderes sein, als der oder die, die oder der du bist.

Kleines Beispiel

Speziell für Frauen: Lies z.B. täglich Frauenzeitschriften mit den wunderschönsten Models drin. Du weisst zwar, dass sie krank vor Magersucht, völlig aufgetakelt und überkandidelt sind, dass die Bilder aufwändig retouchiert und ergo gefälscht und gelogen sind und dass kein Mann so eine dürre Spindel wirklich attraktiv findet. Aber du bist doch jedesmal völlig fertig, weil du, verglichen mit denen, wirklich pott-hässlich bist. Du hast bombensicher zu kurze Beine, bist zu breit, hast Speck und Pickel am falschen Ort, leidest an Cellulitis, fettiger Haut und strähnigem Haar. Deshalb kriegste nie einen und wenn, dann bloss so'n Mitleider-Softie oder ‘nen Trostpreis.

Für Männer: Informiere dich möglichst oft, was für ein totales Würstchen du bist. Dazu dienen Lifestyle-Magazine mit Waschbrett-Bubis in dicken Schlitten und tollen Villen drin, oder so Zeitschriften-Rubriken wie ”Männer des Monats”, ”die Erfolgreichsten des Jahres”, ”die Reichsten der Schweiz”. Du kannst dir täglich beweisen, dass du eine völlige Niete, äusserst unansehnlich und ein totaler Tiefflieger bist. Ergo kriegst auch du bloss ‘nen Trostpreis... Kannst auch MTV oder VIVA gucken, da weisste, was für ein unerotisches, hässliches Entlein du bist!!!
Alles klar, Jungs und Mädels? Wozu soll das Vergleichen gut sein?


Die richtigen Fragen stellen

Damit dein Werbefilm über dich so richtig gut wird, stell' deinem ungeheuer leistungsfähigen Bio-Computer, den du da in deinem Kopf hast, die richtigen Fragen. Denn dein Gehirn sucht, ganz egal was du fragst, spontan nach plastischen Antworten. Das ist eine simple, aber höchst wirkungsvolle Methode.

Auf Bennys Fragen “Warum muss ich nur aufstehen?” wird es antworten “Du musst gar nicht, du könntest genüsslich liegenbleiben, aber die böse Chefin, das System und der Arbeitsmarkt zwingen dich, du fliegst sonst raus, kannst die Miete nicht bezahlen, wirst obdachlos, erfrierst.” Und die Gefühle dabei: Hass auf die Chefin und Angst vor der Welt. Super!

Auf Bennys Frage “Was lässt sich der Meier wieder einfallen, um mich fertigzumachen?” werden seinem Bio-Computer in seiner unendlichen Kreativität tausende von Gemeinheiten einfallen, und die Aggression, die Furcht und der Hass gegen Meier werden bestätigt und zementiert. Dabei sind's vor allem Projektionen der eigenen Gemeinheiten, die Benny zum Thema Meier einfallen!

Am übelsten ist die Feststellung “Ich bin schon ein elender Versager!” Denn darauf gibts nur noch eine Antwort, nämlich ohnmächtige Verzweiflung. Stell' dir vor, der Chef eines Unternehmens erklärt ständig: “Wir gehen unweigerlich Konkurs, weil wir solche Flaschen sind!”, dann verzagen alle, was denn sonst. Der Bio-Computer wird bestenfalls alle möglichen Katastrophen aufzählen und der Schorsch wird die Schaufel weglegen und das verzweifelte Gesicht in den kraftlosen Händen verbergen.

Lass' dir folgenden Aufwachdialog einfach mal süss in deinem Kopf vergehen und schau' selbst, was in dir passiert:

Ups, ich bin wach. Schön. Mein liebes Weckerchen hat gedringt. Ach, mein Weckerchen, den hab' ich mir damals mit der schönen Maria gekauft, damals, ach war das schön, Maria. Noch ein bisschen liegenbleiben und rumräkeln. Streck, dehn, wohlfühl. Schön pur, gell? Habe ich heute Lust auf einen schönen oder auf einen Miesepeter-Tag, könnt ja mein letzter sein? Worauf könnt ich mich heute richtig freuen? Es regnet in Strömen, was könnt ich denn damit anfangen? Was könnt ich Schönes tun, kaufen, planen, machen? Wie könnt ich den Meier von meinem Projekt überzeugen? Super, dass ich gesund bin, zwei Augen im Kopf und ein Hirn in der Birne habe, da wird mir schon was einfallen! Fällt mir doch immer was ein, eigentlich bin ich ja ein toller Hecht und schööööön wie die Sünde ...



Mit diesem Aufwachgespräch wird Bennys Gehirn ein Wohlgefühl und tausende von konstruktiven Ideen generieren, und sein grinsender Schorsch wird zufrieden im Kohlenkeller schaufeln, weil er seinen Käptn so clever findet. Und Benny wird vor Eifer keine Sekunde zögern, den Meier voll Begeisterung zu überzeugen.

Spürst du den Unterschied? Das lässt sich wirklich trainieren. Wenn dein Käptn so ein Benny-Käptn ist, dann fang heut' damit an, ihn umzudressieren, den Knallkopf. Hänge dir ein Riesenplakat übers Bett und frage dich morgens oder in deinem 10-Minuten-Werbespot ab sofort:

  • Worauf kann ich mich heute am meisten freuen?
  • Was werde ich Wichtiges erledigen, worauf ich stolz sein kann?
  • Was werde ich heute Gutes lernen und Schönes erleben?
  • Was kann ich heute Gutes für meine/n LebenspartnerIn, meine Kinder, meine Eltern, meine Freunde, für mich tun?
  • Was kann ich heute tun, um die Welt ein bisschen besser zu machen?

Und dann gibts noch Tausende anderer guter Fragen, dir fallen sicher noch viel mehr ein. Dasselbe tust du abends vor dem Einschlafen, wenn du nicht eh etwas Schöneres zu tun hast:

  • Was hat mich heute am meisten gefreut?
  • Was war heute das Wichtigste, das ich getan habe?
  • Worauf kann ich stolz sein?
  • Was habe ich heute Gutes gelernt?
  • Was war das Schönste heute?
  • Womit habe ich heute die Menschen um mich ein bisschen glücklicher gemacht?
  • Womit habe ich heute die Welt ein bisschen besser gemacht?



Wenn sich dein Käptn dagegen sträubt und dir gerade wieder weismachen will, dass es so einfach wohl nicht geht und Fernsehgucken doch besser wäre, dann sag' ihm, er soll's doch einfach mal ausprobieren: Wer die richtigen Fragen stellt, kriegt die richtigen Antworten! Wenn du nach Rom willst, fragst du doch: “Wie komme ich nach Rom?” und nicht “Wie komme ich nicht nach Rom?” Genau diesen Blödsinn tun wir aber die ganze Zeit: Wir malen uns in schillerndsten Farben aus, weshalb alles nicht geht. Ist doch paradox, oder?

Frag' ihn also, weshalb er so grosse Lust darauf hat, sich ständig schlechte Fragen für miese Antworten auszudenken. Wieso er es wichtiger findet, sich Bosheiten und Katastrophen auszumalen, statt darüber nachzudenken, wie das Leben und damit die Welt schöner und reicher werden könnte? Frag' deinen Regisseur, weshalb er ständig Horrorfilme dreht und darüber klagt, dass sich alle gruseln? Warum soll das kreative Visualisieren in die schlechte Richtung besser sein? Wo liegt denn der Gewinn darin? Er wird keine gute Antwort finden und sich schon ein bisschen korrigieren.

Ich bin absolut nicht für so amerikanische Schwuppdiwupps-Psychologie, aber Selbstmanagement kann enorm viel bewegen und verändern in dir. Was der Käptn da den ganzen Tag von sich gibt, das kann man wirklich steuern. Man kann sich wirklich disziplinieren und sich wirklich darauf trainieren, nicht ständig an all die Übel dieser Welt und des Lebens zu denken, sondern sich an den Schönheiten und enormen Möglichkeiten dieser Welt zu freuen, sich auf Lösungen für Probleme zu konzentrieren und dem Himmel für das Leben überhaupt zu danken.

Wenn dein Käptn nicht gut drauf ist, sei lieb zu ihm und zeig' ihm, dass es auch anders und vor allem besser geht. Frag' die richtigen Fragen, denk' an die vielen grossen Dinge dieser Welt, von der du ein Teil bist, denk an den guten Teil des Lebens und diszipliniere dich darin. Das geht nicht immer gut, aber immer besser, je mehr du trainierst, je länger du drauf achtest, was da vorgeht in dir und je öfter du Negativspiralen unterbrichst. Es hat ganz einfach was mit Disziplin zu tun, mit dem Willen, dass du dieses Leben gut und nicht schlecht leben willst. OK? Es hat etwas mit Selbstachtung zu tun, mit der Liebe und dem Respekt vor dir selbst. Denn wer sich nicht liebt, ist nicht lieb mit sich selbst, vergiss mit den andern.

Nun, der Käptn ist nur einer von beiden. Was tun wir mit dem guten, braven Schorsch? Der ist fast wichtiger, weil er die Power und das Feeling liefert.

Wie halten wir den Schorsch bei Laune?

Schorsch ist verantwortlich dafür, dass so viele gute Vorsätze und Projekte nicht umgesetzt werden. Wenn nur der Käptn, nicht aber Schorsch mit dem Rauchen aufhören will, dann schafft es keiner. Wenn Schorsch kein Gemüse, sondern immer Leberwurst will, geht jede Diät in die Hose. Ohne Schorsch läuft überhaupt nichts.

Aber der Junge braucht gar nicht so viel, ausser manchmal ein bisschen Pause, Lob und Belohnung. Wir leben in einer Gesellschaft mit einem seltsamen Leistungsideal. Unsere Ober-Idole sind so calvinistisch-selbstlose Übermenschen, die immer nur arbeiten und Erfolg haben und nie an sich denken, die sich opfern, weiss Gott für was, die immer auf Toplevel für tolle Ziele schuften, bis sie tot umfallen. Das ist totaler Quatsch!

Zum Glück wissen wir heute, dass das nichts bringt und langfristig in den Burnout, den totalen physischen und psychischen Bankrott führt. Du darfst den Schorsch nicht vergessen! Also gib ihm, was er braucht. Ohne Lohn geht früher oder später jedem Schorsch die Puste aus, auch deinem. Und das ist immer bitter und schädlich. Man kann das unter dem Titel Selbstvernachlässigung und -verwahrlosung zusammenfassen.

Schorsch braucht jeden Tag ein bisschen Gemütlichkeit, sein Bier und seine Leberwurst. Er hat ein Recht darauf. Bier und Leberwurst soll natürlich nicht heissen Saufen und Fressen, sondern Prämien aussetzen und grosszügig belohnen für getane Arbeit, für erreichte Ziele, Geschenke für Schorschi, damit er bei Laune bleibt. Und Erholungsphasen, wenn er mal wirklich nicht mehr kann. Sei darin keinesfalls geizig, sondern richtig spendabel. Konkret heisst das:

  • Erholungspausen einlegen, wenn Schorsch sie braucht
  • Belohnungen aussetzen für Sonderleistungen: Den teuren Fotoapparat, die schicke Klamotte, das feine Diner, das Wellnessweekend... alles Bier und Leberwurst für Schorsch
  • Immer auch was vorhaben, das Spass macht, nicht deinem Käptn, sondern deiner Seele und deinem Körper: Tanzen, Fitness, Natur, Kinder zeugen oder so tun, als ob, was immer.
  • All die tausend Dinge, die dir selber noch einfallen, um dir das Leben zu versüssen.



Klar ist: Wer seinen Schorschi vernachlässigt, der landet früher oder später immer auf der Ersatzbank. Immer! Ich habe sie zu hunderten gesehen, die ausgepowerten Workaholics, die alles verlernt hatten, was das Leben lebenswert macht. Sie hatten geschuftet, um effizient zu sein und viel Leistung zu erbringen. Aber am Ende ist Schorsch vor Erschöpfung gestorben. Die Bilanz geht nie auf und endet immer mit einem Riesenverlust. Beweis im Grossmassstab:

Kleiner philosophischer Ausflug

Die New-Economy-Euphorie der Neunzigerjahre hat viele v.a. auch junge Menschen zu ungeheurer Arbeitsleistung und Hektik veranlasst. Ich habe unzählige bleiche, picklige, hohläugige und völlig überarbeitete IT-Propheten erlebt, deren Käptns Weissagungen einer neuen hocheffizienten Technologiegesellschaft und vom grossen Geld verkündeten. Sie waren die New Heroes der Neunziger, gaben sich selbst- und siegessicher. Die armen Schorschis schufteten in Eisen gelegt. Sie riefen zwar immer mal wieder ”Hei Mann, ich kann nicht mehr,” aber sie kriegten aufs Maul. Die New Heroes belächelten all die schlappen Warmduscher, die im New-Economy-Rhythmus nicht mithalten konnten. Und die Bilanz?

Fertig gelacht! Der Zusammenbruch der New-Economy-Blase hat nicht nur Billiarden (kein Druckfehler) von Dollars gekos-tet und war damit ein Verlustgeschäft von historischer Dimension. Es wurde auch in beispiellosem Masse Lebenszeit und -qualität vernichtet. Die unmittelbar investierte Lebenszeit ging drauf für nichts als das Einfahren enormer Verluste. Und die Turbo-Worker werden wegen der chronischen Überbeanspruchung allesamt ein bisschen weniger lang leben. Statistisch gesehen. Das war eine Art Anti-Schorsch-Krieg mit hunderttausenden von Todesopfern und Invaliden. Die Schorschs hatten recht, es hat sich nicht gelohnt. Man hätte zwischendrin mal Leberwurst essen, sich erholen und vor allem ein bisschen nachdenken sollen, worauf's im Leben wirklich ankommt. Das war nicht hocheffizient, wie alle immer mit grossem Pathos verkündeten, das war in unglaublichem Massstab ineffizient, selbstzerstörerisch und bescheuert.

(Ich selbst bin dem ganzen Gugus übrigens auch auf den Leim gegangen...)


Lass' dich nie dermassen einspannen, dass du Selbstmord auf Raten verübst. Über lange Sicht lohnt sich's nie und nimmer! Wenn Schorsch krank ist, bist du eine Null.

Sodeli, soviel zum Käptn und zum Schorschi. Ich hoffe, es ist klar, dass ihnen viel Aufmerksamkeit gebührt. Wer die beiden vernachlässigt, guckt früher oder später in die Röhre. Zu diesen lebenswichtigen Themen findets du im Buch noch jenste Übungen und Tipps:

Zurück Inhalt Weiter

© 2003 NAVIGAS AG - Verlag und Unternehmensberatung für Human Resources Management