Nachdem ich mich jetzt ein bisschen ereifert habe ob all des Voodoos, wieder zurück in die entzauberte Wirklichkeit: Wollen Sie wissen, was geschieht, wenn Sie unerklärliche Lücken haben im Lebenslauf? Wir dichten uns dazu, was da fehlt, und das ist nicht immer das Schmeichelhafteste. Wir stellen allerlei Vermutungen an und an der plausibelsten bleiben wir hängen und glauben daran wie Kinder an den Nikolaus. Und Sie haben keinen Einfluss darauf und keinerlei Kontrolle. Sie sind der Fantasie des Personalmenschen restlos ausgeliefert. Und genau das wollten wir doch gerade nicht!
Kleiner philosophischer Ausflug
Wer Informationen nicht kriegt, die er eigentlich will und braucht, der bastelt kurzerhand selber welche. Und weil die zusammengebastelten Fantasien im eigenen Kopf so leben-dig und logisch sind, halten wir sie bald mal für wahr so wahr, dass wir's nicht mehr nicht glauben können. Was, so blöd sind wir? Ja, meine Lieben, genau so blöd sind wir.
Was wissen Sie zum Beispiel vom Leben Ihres lieben Nachbarn und was haben Sie nicht alles für Ansichten über den doofen Kerl? Oder über Albaner, Schwarze, Iraner oder Iraker? Wieviele kennen Sie persönlich? Waren Sie schon mal dort, wo die leben? Noch allgemeiner: Wieviel wissen wir wirklich von der Welt, aber wieviele Ansichten vertreten wir lauthals darüber? Schauen Sie einmal ehrlich, was Sie den ganzen Tag für Meinungen denken und allenfalls von sich geben. Und prüfen Sie dann einmal fair und streng, woher Sie das alles wissen. Wirklich WISSEN!
Je nachdem, wie streng und ehrlich Sie sind, werden Sie feststellen, dass 99% davon reiner Glaube und kein wirkliches Wissen ist. Wir haben fast alles entweder selbst erfunden oder dann aus dritter und vierter Hand. Sie werden staunen und in tiefe Selbstzweifel stürzen. Was wir nicht wissen und erfahren können, das dichten wir spontan zur Welt hinzu, damit sie wieder rund ist. Menschen sind so. So ist das. Und was lernen wir daraus?
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Machen Sie sich nichts draus. Es geht allen so! Vor allem auch den Personalmenschen: Wenn wir von Ihnen etwas nicht erfahren, was wir gerne wissen möchten, dann machen wir uns so unseren Reim drauf. Wir sind getrimmt drauf, vorsichtig, kritisch und ein biss-chen misstrauisch zu sein, denn wir kriegen bös' aufs Dach, wenn wir etwas übersehen. Eine unerklärliche Lücke im Lebenslauf, ein fehlendes Zeugnis oder so wird aufgefüllt: Was hat der da bloss gemacht von 97 99? Such, such, nix find. Vielleicht Militär oder Weltreise (das is' ja noch harmlos). Neee, der sieht mehr nach arbeitslos aus (jetzt wirds gefährlicher), vielleicht war er auch krank, drogensüchtig, in der Klappsmühle oder hinter schwedischen Gardinen (jetzt ist es passiert!). Nur schon der Gedanke an so was ist ein Riesenfilter und ein brüllendes NEEEEIIIIN. Dazu kommt das ganze schlechte Gefühl des Misstrauens: Der sagt nicht, was los ist, also hat er was zu verbergen, seeehr verdächtig. Deshalb ist auch eine knappe Arbeitsbestätigung statt eines Zeugnisses ein böser Filter. Denn da gehts schon los mit dem Fantasieren: Was ist da passiert, hat sie den Chef geärgert, den Sekretär ins Bein gebissen, die hat sicher Ärger gemacht oder total versagt!
Sie verstehen jetzt sicher: Lücken sind die totalen Killer in einem Lebenslauf und müssen unbedingt vermieden werden. Deshalb:
- Keine Lücken im Lebenslauf lassen! Nie!
- Einen vollständigen Satz Zeugnisse beilegen!
- Arbeitsbestätigungen möglichst in Zeugnisse umschreiben lassen. Wenn das nicht möglich ist, dann lieber die Arbeitsbestätigung als gar nix.
- Wenn Sie Lücken oder Arbeitsbestätigungen haben, dann erklä-ren Sie im Dossier, weshalb! Nur so kontrollieren Sie das Spiel!
- Offen und ehrlich informieren, soweit es nicht schadet.
Lücken erklären
Sie müssen im Lebenslauf plausibel machen, was Sie in der unbelegten Zeit gemacht haben: Bildungsurlaub, Weltreise fürs Sprachstudium, Kindererziehung oder so sind völlig akzeptabel und kön-nen, gut aufgemacht, als tolle Verstärker wirken.
Notieren Sie auf einer Arbeitsbestätigung den Grund für die knappe Fassung. Es gibt immer irgendeinen guten Grund.
Nicht erlaubt sind: Ich war heroinsüchtig, hab' den bekloppten Hausmeister spitalreif geprügelt, war im Knast, in der Waldau und im Burghölzli (für Nicht-Schweizer: Das sind die bekanntesten Klappsmühlen in der Schweiz). Ich sag' das so bös-salopp, weil Sie die extreme Filterwirkung spüren sollen. Denn genau so unzensuriert denkt und wirkt das in den Personalmenschen.
Unerklärliche Lücken wegerklären
Wenn Sie eine Lücke haben, die Ihnen jeden Job verunmöglicht, was dann? Jetzt wirds sehr heikel. Was ich Ihnen jetzt rate, wird mich Kopf und Kragen kosten, aber es ist die einzige und beste Variante: Ich rate Ihnen, sogenannte Killer-Lebensabschnitte zu beschönigen oder gar zu verheimlichen. Zinken Sie die Karten ein bisschen oder auf Deutsch: Schummeln Sie sie weg. Es ist ohnehin Privatsache und hat mit dem Job nichts zu tun. Sie müssen nichts sagen, wenn es die Arbeit nicht betrifft. Ups?!? Ja, machen Sie's so, denn Sie finden sonst keinen Job mehr so einfach ist das.
Ich hör' den Aufschrei meiner KollegInnen: Um Himmels Gott's heiligen Willens, WAAAS TUUUN SIIIEEE DAAA? Aber unter uns, meine lieben Personalmenschen: Wieviele Ex-Junkies haben Sie schon eingestellt? Wieviele Diebe, Betrüger und Mörder? Wieviele aus der Nervenheilanstalt? Hat so jemand wirklich noch eine reelle Chance bei Ihnen? Seien Sie ehrlich: Nein! Er hat sie nicht!
Und umgekehrt: Welches Unternehmen, das kurz vor dem Ban-krott steht, erzählt das seinen BeWerberInnen brühwarm im Vorstellungsgespräch? Welches Unternehmen wird zweifelhafte Tätigkeiten wie unerlaubte Waffenexporte, Geldwäscherei, Umweltsünden, Bilanzfälschungen oder auch nur die 40-prozentige Personalfluktuation oder den Alkoholismus seines Direktors im Vorstellungsgespräch beichten? Ehrlich: Welches? Seien wir also fair und gestehen wir beiden Seiten dieselben etwas anrüchigen Spielregeln zu. Please!
Wenn Sie also als BeWerberIn ein bisschen zinken, müssen Sie das sehr gekonnt machen. Sie müssen sich was wirklich Cleveres zusammenreimen und das konsequent durchziehen. Es darf nie auffliegen, sonst sind Sie beWerbungstechnisch tot. Und ich auch!
Mein extremstes Beispiel: Ich kenne den hochdekorierten Finanzchef eines Topunternehmens in der Schweiz, dessen Uniabschluss ist getürkt, weil er schlicht und einfach durchgefallen ist. Das Diplom ist gefälscht (mit Scanner und Photoshop). Niemand weiss es, und es hat bisher niemandem geschadet. Der Mann ist wirklich top. Wenn das auffliegt, wird er Clochard.
Das ist natürlich Betrug. Ich sage Ihnen hier offiziell: Tun Sie so was nie und nimmer! Böser Junge, so was! So dick darf's nicht sein. Aber ein bisschen beschönigen lässt sich alles. Mit Reisen, Bildungsurlauben oder so. Ihnen fällt schon was ein. Mehr Tipps kann ich Ihnen hier nicht geben, sonst kriege ich wirklich Ärger mit der Sittenpolizei. Sorry! Ich muss den Rest Ihrer Kreativität und Schauspielkunst überlassen und hülle mich jetzt in Schweigen.
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